Das ist sicher wahr, laufen ist und kann aber noch sehr viel mehr sein: eine Metapher für den eigenen Kampf gegen psychische Krankheiten, das Aufbrechen von Tabus, Aufmerksamkeit zu schaffen und ein Weg andere und sich zu motivieren, zu inspirieren und Mut zu machen. Das zeigte Anthony Horyna eindrucksvoll mit seinem Projekt 1919 für die Hilfsorganisation “Freunde fürs Leben”.
Projekt 19/19
Laufen ist so viel mehr als nur Laufen.

World Mental Health Day
Heute am 10.9. ist der “World Mental Health day”, der Tag, an dem Anthony Horyna seinen Lauf einmal quer durch die Republik über 1900km mit 41.800 Höhenmetern in Flensburg beendet und durch sein Ziel läuft. Gestartet am 28.7. in Konstanz ist Anthony seit dem jeden Tag einen Marathon gelaufen, egal ob im Regen oder in der Sonne, ob alleine oder in Begleitung und selbst an seinem Geburtstag.

Die Energie des Laufens
Anthony Horyna (46) aus Wiesbaden ist Ultra- und Streakläufer, das heißt, er läuft jeden Tag seit knapp 4 Jahren. Keinen Tag Pause, nie unter 5km. Das macht Anthony für sich: Angefangen als Motivationshilfe durch seine Lebensgefährtin, um die unzufriedene Couchpotato in Bewegung zu bringen, ist es mittlerweile Elixir, Meditation, Energiequelle, Momente des Bei-sich-seins und der Ruhe. Irgendwann verstand er aber, dass Laufen eine gigantische Energie besitzt, um nicht nur sich selbst zu verändern, sondern um in der Welt etwas bewegen zu können.

Projekt 19/19
So entstand die Idee zu Projekt 19/19. In seinem Projekt 19/19 Strava Club plante Anthony die Route und sämtliche Strecken vorab und lud jederman ein ihn zu begleiten - 1km, einen Tag, eine Woche, Hauptsache alle bekommen es mit und werden aufmerksam. Genau darum ging es ihm: Aufmerksamkeit für sein Projekt, mit dem er auf die Tabuthemen Suizid und Depression hinweisen will. “Depression ist einfach nicht sichtbar. Wenn du dir den Arm gebrochen kannst, sieht jeder, du bist krank und du bekommst Hilfe. Depression sieht man von außen nicht, keiner glaubt dir, dass du krank bist. Ich will, dass darüber gesprochen wird.” Darum wählte er als Organisation “Freunde fürs Leben e.V.”, die sich insbesondere um Prävention bei Jugendlichen kümmern.


Freunde fürs Leben
Das Schöne für Anthony waren vor allem die vielen neuen Begegnungen. So wie mit Marcel, der ihn spontan in Konstanz den gesamten ersten Marathon begleitete. Oder auch, dass sich in Hamburg fast 30 Unterstützer fanden und er sogar mit Beachflags und Konfetti empfangen wurde. Laufen ist eben auch Teamsport.
“Die Resonanz war durchweg positiv, sowohl von Mitläufern als auch von Zufallsbekanntschaften am Wegesrand. Die Botschaft wurde sofort verstanden und weitergetragen, von jedem auf seine eigene Art.”

Wir können so viel mehr, als wir glauben
Sehr spannend waren für Anthony aber auch die Begegnungen mit sich selbst, insbesondere in extremen Situation.
“Beim Ultralaufen kommt man häufig ganz nah an seinen eigenen Kern und kann tief in sich hinein schauen. Ich konnte nicht voraussehen, was, aber ich wusste , dass da definitiv was mit mir passieren wird. Es hätte auch sein können, dass ich nach 20 Marathons zum Berserker mutiere.”
Stattdessen lief er die 45 Tage im “Wohlfühlmodus”, er hörte auf sich und seinen Körper.
“Wir sind alle zu so viel mehr im Stande, als wir es uns selbst oder andere uns zutrauen.”
Das hat nicht nur Anthony bewiesen, sondern auch seine Mitläufer, die sich durch Anthony motiviert fühlten, das erste Mal eine Marathondistanz zu laufen.
“Durch das Projekt 19/19 sind Freundschaften entstanden, ich möchte keinen Moment davon missen.”

Die Botschaft
Anthony bewies, dass man 1900km laufen kann, ohne sich komplett zu zerstören, denn darum geht es nicht, es ist kein Wettkampf, es ist ein Projekt mit einer Botschaft:
Der Gedanke des Projekts 19/19 ist, immer wieder etwas anzugehen, immer wieder aufs neue und jeden Tag. Das ist eine sportliche Herausforderung, aber auch eine mentale. Genau so ist der Kampf gegen eine psychische Krankheit wie Depression: Jeden Tag muss der Betroffene auf so vielen Ebenen für sich, sein Leben und seine Genesung kämpfen, Kraft und Mut gegen die inneren Dämonen aufbringen.

Das JETZT zählt
Laufen ist eben auch eine Metapher fürs Leben und den Lebenswillen. Wir sind hier, wir machen es, jeden Tag aufs neue: beim Projekt 19/19 wie auch beim Kampf gegen psychische Erkrankungen.
“Ich habe verstanden, dass wir mehr im JETZT sein müssen, also im Moment. Denn erst dann begegnen wir uns wirklich. Das ist etwas, dass ich hoffentlich auch nach dem Projekt noch beibehalten kann.”

Apropos "danach":
Wer ist Anthony eigentlich ohne Laufen? Was bleibt vom Leben ohne sein Elixier?
“Das ist eine gute und schwierige Frage, weil das Laufen doch einen hohen Stellenwert eingenommen hat. Ich kann das grade nicht genau sagen. Laufen ist das, was ich tue, auch wenn ich nicht sagen würde, Laufen ist das, was ich bin. Ich weiß momentan nicht, was ich bin, wenn es das Laufen nicht mehr gibt. Es gibt ja neben dem Laufen auch noch ein Leben. Wir bestehen aus so vielen Einzelelementen, aber Laufen ist schon ein großer Teil davon.”

Wir wollen Anthony unseren größten Respekt aussprechen und ziehen unseren Hut vor so viel Stärke und Herz. Mit seinem Projekt 19/19 hat er nicht nur uns begeistert sondern auch zahllose Läufer auf seinem Weg. Folgt Anthony auch weiter auf seiner Reise, bei seinem Run Streak ist noch kein Ende abzusehen: day 1348 and counting...