21 Radfahrer aus Spanien geben uns einen Einblick wie ihr Leben nach 48 Tagen Lockdown aussieht. Die eindrucksvollen Bilder, die vom spanischen Fotografen Albert Gallego, alias “Brazo de Hierro” – produziert wurden, zeigen die "Dream Caves" der Fahrer, die lediglich durch das orangefarbene Licht der Fernseher und Computermonitore ausgeleuchtet wurden. Diese Aufnahmen sind ein intimes Porträt, in einer Zeit, in der Videoanrufe das Zuhause und die persönlichen Gegenstände vieler Menschen ohnehin zur Schau stellen. Sie dokumentieren eine Hassliebe, in der das Training zu einer Metapher des täglichen Lebens wird - nicht vom Fleck kommend, auf die eigenen vier Wände starrend. Radfahren zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit, während die Welt draußen auf den Kopf gestellt wird. In die Pedale treten, um den Traum von Fahrten im Freien zu bewahren, wenn der Schein echter orangefarbener Sonnenstrahlen die Haut erwärmt und ein Kaffee mit Freunden einen Tag voller neuer Entdeckungen unterbricht.
Licht am Ende des Tunnels
Weckruf
“Ich denke, diese Situation hilft uns zu erkennen und zu schätzen, was wir sonst für selbstverständlich halten. Die kleinen Dinge wieder zu genießen, etwa eine kurze Fahrradtour auf der Straße."
IVAN GARCIA CORTINA (BAHRAIN-MCLAREN) - La Massana (Andorra) strava.com/pros/igarciacortina

KOM Vorbereitung
“Für manche Menschen geht es jetzt darum, Brot zu backen, andere verschlingen drei Staffeln einer Serie an nur einem Tag. Wir ziehen uns einfach unsere Bibs an, gehen in unsere Caves und fangen an zu leiden. Am Ende versuchen wir, etwas Nützliches aus dieser Zeit zu machen. Es ist schwer vorstellbar, aber es werden auch wieder Zeiten für KOMs kommen."
SERGIO QUERPACHE - Granollers (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/squerpache

Eins mit der Familie
“Es ist ein Wendepunkt für mich, an dem ich den Wert meiner Familie, meiner Freunde und alles um mich herum erkenne."
ANDREA ROCA - Madrid (Madrid, Spain) strava.com/athletes/15452480

Routine
“Als der Lockdown begann, hatte ich ein klares Ziel vor Augen: meine täglichen Routinen so weit wie möglich beizubehalten. Dazu gehörte auch das Radfahren. Also holte ich meinen alten Indoor-Trainer raus, den ich eigentlich verkaufen wollte, rief meinen Komplizen Carlos via Video an und wir machten uns an die Arbeit. Venga!"
KIKE VEGA - Barcelona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/kike_kiks

Liebe & Hass
“Ich muss eingestehen, dass der Trainer mir sehr geholfen hat, den Lockdown zu überwinden und aktiv zu bleiben. Ich muss aber auch sagen, dass sich meine Beziehung zu ihm im Laufe der Zeit verändert hat. Ich habe sehr motiviert angefangen, wollte auf der Rolle besser werden. In den letzten Tagen wurden die Sitzungen dann zu einer lästigen Pflicht. Irgendwann konnte ich dieses Training dann einfach nicht mehr ertragen."
MARIONA CORTES - Terrassa (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/22374632

Die Madeleine von Proust
“Was für eine Situation! Wir haben so etwas noch nie erlebt, obwohl es sich nicht so sehr von meiner Jugend im ländlichen Kanada unterscheidet. Ich fahre gerne im Freien, aber seltsamerweise hat mich das tägliche Indoor-Training nie gestört. Was wohl zeigt, dass das Wichtigste für mich ist, einfach nur Zeit auf dem Fahrrad zu verbringen und in die Pedale zu treten."
CHRISTIAN MEIER - Girona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/christian_meier

Gewohnheit
“Zuerst fällt es schwer zu akzeptieren, nicht rausgehen und trainieren können, aber jetzt, da ich mich daran gewöhnt habe, macht es mir nichts mehr aus auf der Rolle zu trainieren. Im Gegenteil, ich habe mich sogar daran gewöhnt."
DAVID ALVAREZ - Santa Eulália de Riuprimer (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/dalvareznesple

Meditation
“Das Training in geschlossenen Räumen hat sich als Übung für mentale Stärke und Konzentration herausgestellt. Es ist völlig anders als das Fahren auf der Strasse, aber es kann trotzdem Körper und Geist stärken!"
SEPP KUSS (JUMBO-VISMA) - Soldeu (Andorra) strava.com/pros/sepp_kuss

Positive Seite
“Man versucht, sich anzupassen, und so sehr man es auch vermisst, im Freien trainieren zu können, so sehr weiß man auch, dass dies alles nur vorübergehend ist. Und dann sucht man nach der positiven Seite, was nicht immer einfach ist, aber sie ist da."
SANDRA HEREDERO - Vic (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/sann_hr

Mein Verbündeter
“So lange zu Hause zu sein und diese Zeit mit meiner Familie teilen zu können, war ein Geschenk, das ich in vollen Zügen genossen habe. Der Rollentrainer war mein großer Verbündeter, denn er hat mir erlaubt, diese Phase optimal auszunutzen. Die Tage vergingen viel schneller, wenn sie um mein Training herum organisiert waren."
CARLOS VERONA (MOVISTAR) - La Massana (Andorra) strava.com/pros/cverona

Sommer-Perspektive
“Das Training in der Wohnung ist eine Erinnerung daran, dass der Lockdown vorübergehend ist und, dass auch wieder lange Sommertage im Sattel bevorstehen. Eine Erinnerung daran, dass man, um Höhepunkte richtig zu genießen, zäh genug sein muss sich durch die Tiefen (buchstäblich) durchzustrampeln. Das Leben muss weitergehen, und ich will darauf vorbereitet sein."
CARLA ALONSO - Barcelona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/16092261

Fokus
“Als ich auf den Hometrainer stieg, ging es für mich um drei Dinge: Flucht, Schweiß und für ein paar Minuten den Kopf frei bekommen."
MARCEL BATLLE - Barcelona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/mbatlle

Music Box
“Stundenlang Musik zu hören und das Indoor-Training in der Pain Cave haben diese fast 50 Tage der Isolation erleichtert."
GERARD HERNANDEZ - Girona (Catalonia, Spain) strava.com/athetes/geehxc

IRL vs. Virtuell
“Ich habe gelernt, zu trainieren, ohne das Haus zu verlassen, meine Trainingsfortschritte virtuell zu teilen. Ich bin überzeugt, dass ich, wenn sich alles wieder normalisiert hat, weiterhin Fahrten draussen und virtuelle Aktivitäten kombinieren werde."
SANDRA JORDA PASCO - Molins De Rei (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/sjordapasco

Abgrenzung
“Positiv bleibt, dass diese Situation es uns ermöglicht hat, uns von Überflüssigem zu befreien, und vielleicht werden wir in Zukunft erkennen, was wirklich wichtig ist. Die Rolle war wichtig für mich- nicht so sehr wegen des körperlichen Trainings, sondern als geistige Pause, um mein Arbeits- und Privatleben zu trennen."
DAVID CASAS - Barcelona (Catalonia, Spain) strava.com/athetes/5008309

Zusammenleben
“Die fast zweimonatige Abriegelung diente als eine Übung des Zusammenlebens, wie sie nur wenige von kennen. Eine Koexistenz, die nur durch das Geräusch der Rollen unterbrochen wurde. In jeder einzelnen Session war die Fähigkeit, die Verbindung zum Verstand zu unterbrechen, überwältigend. Es gab nur eines woran man denken musste: Hoch mit den Watts."
ALEX LEBRON - Barcelona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/5951741

Flaschenpost
“In schwierigen Zeiten helfen sich die Menschen gegenseitig; ich hatte gepostet, dass ich keinen Rollentrainer habe, und ein fremder Typ namens Maia hat mir seine Rolle zum Trainieren angeboten. Ich verbrachte meine Abende damit, Trittfrequenzübungen zu machen und meine Gedanken von der schwierigen Situation draußen abzulenken."
MICK HOOGWERF - Girona (Catalonia, Spain) strava.com/athletes/mick_hoogwerf

Verbunden
“Ich bin wirklich glücklich, dass ich selbst mit den Einschränkungen, mit denen wir im Moment alle leben müssen, immer wieder neue Aspekte des Radfahrens entdecke die ich liebe. Mir ist mehr denn je bewusst, wie wichtig der soziale Aspekt ist, und ich liebe es, gemeinsam mit Menschen aus der ganzen Welt online zu fahren. Die Indoor-Challenges, die wir uns ausgedacht haben, sind mindestens so herausfordernd wie der Anstieg an einem unbekannten Bergpass in Italien oder Spanien, und genauso motivierend."
MARTIJN VAN STREIN - Rotterdam (Netherlands) strava.com/athletes/fernwee

QOM-Goal
“Ich beschloss, mich dieser Situation zu stellen und mich voll dem Indoor-Training zu widmen... mit der Motivation eines Strava-Segment QOM-Versuchs auf meinem Lieblingsanstieg am Rocacorba, im Hinterkopf immer der Gedanke an den Moment an dem der Lockdown aufgehoben wird. Ich wohne in Banyoles, am Fuße des Anstiegs, und jeden Tag, wenn ich nach draußen ging, schaute ich auf den Gipfel und träumte davon, ihn zu erreichen."
ASHLEIGH MOOLMAN (CCC LIV) - Girona (Catalonia, Spain) strava.com/pros/apasio

Abschalten
“Für mich war das Rollentraining ein Ausweg aus dieser vermeintlich ausweglosen Situation, ein Moment der totalen Trennung von allem Äußeren und eine neue Verbindung zwischen dem Fahrrad und mir selbst."
PEDRO GONZALEZ - Las Palmas De Gran Canaria (Canary Islands, Spain) strava.com/athletes/pedrglezpht

Der einzige weg
“Wenn man weiß, dass es die einzige Möglichkeit ist die man hat, vermeidet man, an etwas anderes zu denken. Man tut es es einfach."
CARLA NAFRIA DE MIGUEL - Madrid (Madrid, Spain) strava.com/athletes/13700786

About
"Nach einigen Wochen des Lockdowns dachte ich darüber nach, wie ich wohl Bilder machen könnte, ohne das Haus dafür zu verlassen. Ich sah immer wieder Posts von Freunden, die zu Hause auf Rollen trainierten. Es ist etwas, das mir nie als besonders ästhetisch erschien, aber dann kam mir in den Sinn, dass ich mit meinen Fotos vielleicht dokumentieren könnte, was für die Radfahrer die so genannte "Pain Cave" ist. Der Raum, in dem sie zu Hause trainieren.
Ich überzeugte einen Freund, von dem ich wusste, dass er eine vernünftige Kamera hat, von meiner Idee. Während er auf der Rolle trainierte, erklärte ich seiner Frau den Aufbau der Kamera, um das Bild, das mir vorschwebte, einzufangen. Alles mittels Videoanruf. Ich wollte eine Fotografie bei sehr wenig Licht, nur mit dem Schein eines Bildschirms, eines Fernsehers, eines Laptops oder eines Tablets aufnehmen. Und das Licht sollte orange sein. Ein Licht, das sich im Raum ausbreitet, einen erkennen lässt was dort alles vorhanden ist, aber das den Radfahrer in den Vordergrund stellt. Außerdem wollte ich, dass sie mit einer hohen Trittfrequenz in die Pedale treten damit sie nicht völlig statisch wirken sondern ein Gefühl von Geschwindigkeit und Bewegung vermitteln. Ich wollte ein poetisches, ja metaphorisches Bild davon schaffen, wie es ist, während der Isolation zu trainieren.
Bei der Arbeit aus der Ferne mit den unterschiedlichsten Kameras, unter anderem einem iPhone 11 Pro, habe ich zu keinem Zeitpunkt nach der optimalen Bildqualität gesucht oder danach, dass der Fahrer perfekt fokussiert ist. Ich wollte einen Einblick schaffen in jene Räume in denen die Athleten trainieren, durch eine halboffene Tür, durch die nur ein wenig Licht dringt."
Albert de Gallego, “Brazo de Hierro”